Die Boomer nehmen Abschied
Laut einer aktuellen Umfrage der Herforder Möbelverbände konnten knapp 40 Prozent der befragten Möbel- und Küchenhersteller ihre Ausbildungsplätze im gewerblichen Bereich für das kommende Ausbildungsjahr bislang nicht oder nur zum Teil besetzen. Eine erschreckende Zahl, wie ich finde. Privat lese ich gerade das Buch „Abschied von den Boomern“ von Heinz Bude. Und da offenbart sich, wie stark uns der Fachkräftemangel treffen wird, wenn keine jungen Leute nachrücken.
Wer zwischen 1955 und 1970 in der Zeit der geburtenstarken Jahrgänge zur Welt gekommen ist, hat den Ruhestand erreicht oder zählt zu den Älteren, die nach und nach ihre Posten freimachen. Es geht eine Generation, die immer das Gefühl hatte, dass es zu viele von ihnen gibt. Ausbildungsplätze waren Mangelware, Studienplätze waren Mangelware, man sprach seinerzeit von einer Lehrerschwämme.
Heute sieht die Situation in Industrie und Handel ganz anders aus. Die Zeiten, in denen man auf einen ausgeschriebenen Ausbildungsplatz eine Vielzahl von Bewerbungen erhalten hat, sind definitiv vorbei. Arbeitsplätze können nicht besetzt werden, Unternehmen müssen sich für Auszubildende und Fachkräfte attraktiv machen. Ein wichtiges Projekt der Branche gegen den Nachwuchs- und Fachkräftemangel stellt die derzeit im Bau befindliche Lehrfabrik Möbelindustrie in Löhne dar. Die Eröffnung des hochmodernen Aus- und Weiterbildungszentrums ist für den kommenden Herbst geplant. Doch auch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Möbelfachschule in Köln, ebenfalls eine Kaderschmiede für Industrie und Handel, ist ein weiterer Baustein, um junge Menschen in die Branche zu bringen.
Dabei zeigt sich, dass es in Handwerk und Handel vor allem für kleinere Betriebe schwierig ist, passende Kandidaten zu finden. Attraktiv sein – das heißt heutzutage mehr, als ein ordentliches Gehalt zu zahlen und ausreichend Urlaubstage zu gewähren. Kultur, das Team- und Wir-Gefühl und das Image des Unternehmens sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind viel wichtiger und nehmen einen besonders hohen Stellenwert ein. Ein unwiderstehliches Angebot ist daher ein gesunder Mix aus Gehalt, Work-Life Balance, Aufstiegschancen und Teamspirit. Und ebenso wichtig für die jungen Leute ist die Tatsache, dass sich ein Arbeitgeber sozial engagiert und ein gutes Image hat. Dazu könnte beitragen, dass man beispielsweise einen Praktikumsplatz für Flüchtlinge oder leistungsschwächeren Schülern ein Langzeitpraktikum anbietet, um fit für den Berufseinstieg zu werden.
Um die Wertigkeit der Berufsausbildung zu erhöhen, könnte man den Auszubildenen schließlich auch einen Auslandsaufenthalt anbieten; die Verbundgruppen sind vielfach im Ausland aktiv, warum sollte ein Küchenring-Haus aus Deutschland nicht mit einem Haus in Österreich, ein MHK-Haus nicht mit einem Verbandspartner in Großbritannien oder Spanien kooperieren, ein Der Kreis-Haus nicht mit den Partnern in Frankreich, es gibt vielfältige Möglichkeiten, das eigene Unternehmen attraktiv zu machen, wir müssen nur anfangen, neue Wege zu gehen,
meint Ihre Stefanie Willach
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